Grenzenlos Recht Rolf Lüpke Rechtsanwalt MAES

Mandantenbrief

Die Dokumentationspflichten (Beleg- und Buchnachweispflichten) für Ausfuhren aus Deutschland in Drittländer wie die Schweiz haben sich geändert. Grund ist die Anpassung der deutschen Regelungen umsatzsteuerlicher Ausfuhrlieferungen an die seit 1.7.2009 bestehenden EU-Vorschriften des elektronischen Ausfuhrverfahrens („ATLAS“). Ausserdem wurden für die
Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen neue Nachweisregelungen (sog. „Gelangensbestätigung“) geschaffen. Diese Änderungen haben Auswirkungen auf die betriebliche Praxis.
Die bisherigen Soll- werden in Muss-Vorschriften umgewandelt. Die Neuregelungen gelten bereits seit dem 1. Januar 2012. Für bis zum 31. März 2012 ausgeführte Ausfuhrlieferungen in Drittländer und für bis zum 30. Juni 2012 ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen wird es von der Finanzverwaltung aber nicht beanstandet, wenn der beleg- und buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung noch auf Grundlage der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Rechtslage geführt wird. Zu beachten ist jedoch, dass im Falle eines Rechtsstreits vor den Finanzgerichten die geltende Rechtslage massgebend ist. Eine Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung ist für die Finanzgerichte nicht bindend.
Ausfuhren in Drittländer wie die Schweiz
Seit dem 01.07.2009 besteht EU-einheitlich die Pflicht zur Teilnahme am elektronischen Ausfuhrverfahren. In Deutschland steht hierfür seit dem 01.08.2006 das IT-System ATLAS-Ausfuhr zur Verfügung. Die Pflicht zur Abgabe elektronischer Anmeldungen betrifft alle Anmeldungen unabhängig vom Beförderungsweg (Straßen-, Luft-, See-, Post- und Bahnverkehr). Die Ausfuhrzollstelle (AfZSt) überführt die elektronisch angemeldeten Waren in das Ausfuhrverfahren und übermittelt der angegebenen Ausgangszollstelle (AgZSt) vorab die Angaben zum Ausfuhrvorgang. Über das europäische IT-System AES (Automated Export System)/ECS (Export Control System) kann die AgZSt, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie sich befindet, anhand der Registriernummer der Ausfuhranmeldung (MRN – Movement Reference Number) den Ausfuhrvorgang aufrufen und den körperlichen Ausgang der Waren überwachen. Der körperliche Ausgang der Waren ist der AfZSt durch die AgZSt mit der „Ausgangsbestätigung/Kontrollergebnis“ unmittelbar anzuzeigen. Für alle elektronisch angemeldeten Waren übersendet die AgZSt der AfZSt die Nachricht „Ausgangsbestätigung/Kontrollergebnis“.
§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 der deutschen Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) sieht vor, dass als Belegnachweis der Ausfuhr grundsätzlich nur noch der „Ausgangsvermerk“ der AgZSt gilt, und zwar entweder als elektronische Fassung oder als mit Dienststempelabdruck versehene Druckversion. Dies gilt unabhängig davon, ob die Waren vom Lieferer oder Abnehmer selbst transportiert werden oder eine Spedition eingeschaltet ist. Nur wenn in den Versendungsfällen die genannte Nachweisführung nicht möglich oder zumutbar ist, kann auf die bislang bekannte Spediteursbescheinigung zurückgegriffen werden. Alternativ kommt in diesen Fällen die Nachweisführung durch einen Frachtbrief in Betracht, der nunmehr vom Auftraggeber des Frachtführers unterschrieben sein muss, oder durch ein Konnossement oder einen Einlieferungsschein für im Postverkehr beförderte Sendungen. Das Dokument muss dann jeweils die Versendungsbezugsnummer der Ausfuhranmeldung enthalten. Für Ausfuhren, die nicht elektronisch angemeldet werden, z. B. weil sie die hierfür relevante Wertgrenze unterschreiten, bleibt im Wesentlichen die Nachweisführung wie bislang erhalten.
Neuer Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen
Nach den neuen §§ 17a bis 17c UStDV hat der liefernde Unternehmer sowohl in Beförderungs- als auch in Versendungsfällen den Nachweis über das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet zum einen – wie bisher – durch das Rechnungsdoppel und zum anderen durch eine Bestätigung des Abnehmers zu führen, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist (sog. Gelangensbestätigung). Diese Bestätigung ersetzt den bisherigen Verbringensnachweis, die bisherige Empfangsbestätigung und den bisherigen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt. Die Gelangensbestätigung muss vom Abnehmer, also Vertragspartner des Lieferers, ausgestellt sein und folgende Angaben enthalten:

  • Name und Anschrift des Abnehmers,
  • Menge des Gegenstands der Lieferung und handelsübliche Bezeichnung einschliesslich Fahrzeug-Identifikationsnummer bei Fahrzeugen,
  • im Fall der Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer oder im Fall derVersendung durch den Abnehmer den Ort und Tag des Erhalts des Gegenstands imübrigen Gemeinschaftsgebiet und im Fall der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer den Ort und Tag des Endes der Beförderung des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet,
  • Ausstellungsdatum der Bestätigung sowie Unterschrift des Abnehmers.

Die Bescheinigung kann entweder direkt gegenüber dem Lieferer oder aber gegenüber dem Spediteur abgegeben werden. Wird sie vom Spediteur eingeholt, so muss dieser gegenüber dem Lieferer schriftlich versichern, dass er über eine solche Bestätigung des Abnehmers verfügt. Da künftig Ort und Tag des Erhalts bzw. des Endes der Beförderung des Gegenstands quittiert werden müssen, ist das Ausstellen von Bescheinigungen im Vorfeld des Transports nicht mehr möglich. Die Gelangensbestätigung kann nur unter Mitwirkung des ausländischen Unternehmers erstellt werden. Der Lieferer trägt – soweit nicht vorab vorsichtshalber mit Steuer abgerechnet wird – das Risiko, dass die Bestätigung uneinbringlich ist und die Steuerbefreiung somit entfällt.
Zu den geänderten Beleg- und Buchnachweisen, insbesondere zur praktischen Handhabung der Gelangensbestätigung, liegt bereits ein umfangreicher Entwurf der deutschen Finanzverwaltung mit Änderungen und Ergänzungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vor. Da es aber bereits seitens der Betroffenen (Lieferer, Abnehmer, Spediteure) zu Protesten gegen die Neuregelung gekommen ist, sind möglicherweise noch Änderungen zur Praxis der geänderten Nachweispflichten zu erwarten. Rechtsanwalt Lüpke wird Sie hierüber informieren.

Rechtsanwalt Rolf Lüpke steht Ihnen gerne für Rückfragen und für eine individuelle Beratung zur Verfügung.

Sofern Sie zukünftig Interesse an dem einmal monatlich erscheinenden Newsletter haben, können Sie sich hier anmelden.