Grenzenlos Recht Rolf Lüpke Rechtsanwalt MAES

Mandantenbrief

Der erste Schritt für Unternehmen auf einen ausländischen Markt erfolgt über die direkte Warenlieferung oder Erbringung von Dienstleistungen. Entspricht der Umsatz den Erwartungen muss meistens der Markt intensiver bearbeitet werden. Das finanzielle Risiko der Gründung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft ist den Unternehmen aber meistens zu hoch. Häufig soll stattdessen im ausländischen Staat ein dort wohnhafter Aussendienstmitarbeiter angestellt werden, der von seinem Home Office aus, die Kunden auf dem ausländischen Markt betreut. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie im ausländischen Staat die Sozialversicherung und Steuer des Mitarbeiters gegenüber den zuständigen Institutionen abgerechnet wird, wenn das Unternehmen selbst dort keinen Sitz hat. Am Beispiel Deutschlands und der Schweiz soll nachfolgend dargestellt werden, wie die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern durch den Arbeitgeber geregelt werden kann, auch wenn er im Tätigkeitsland des Mitarbeiters keinen Firmensitz hat.

Grundsatz Erwerbsortsprinzip

Grundsätzlich unterliegen Arbeitnehmer in dem Land den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, indem sie tätig sind (Erwerbsortprinzip). Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat und in Deutschland oder der Schweiz keine Niederlassung betreibt. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten,

  • wenn ein Arbeitnehmer von einem ausländischen Unternehmen nach Deutschland entsandt wurde oder
  • für den Arbeitnehmer eine Ausnahmevereinbarung über die Fortgeltung von ausländischen Rechtsvorschriften erteilt wurde.

Diese Ausnahmen finden in dem hier relevanten Sachverhalt keine Anwendung, wenn im jeweiligen Tätigkeitsstaat ein Mitarbeiter direkt angestellt werden soll.
Damit hat der ausländische Arbeitgeber seinen Pflichten so nachzukommen, als hätte er seinen Sitz in demselben Land wie der für ihn tätige Arbeitnehmer.
In Deutschland treffen ihn die gleichen Arbeitgeberpflichten wie einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber. Er ist verpflichtet, den Arbeitnehmer bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden, Meldungen und Beitragsnachweise einzureichen sowie den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.
In der Schweiz muss der ausländische Arbeitgeber für seinen inländischen Arbeitnehmer die AHV/IV-Beiträge an die zuständige Ausgleichskasse abführen. Daneben ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, sich in der beruflichen Vorsorge einer Sammelstiftung nach BVG anzuschliessen oder eine eigene Vorsorgestiftung (Pensionskasse) zu gründen.
Auch wenn der Arbeitgeber ausserhalb der Schweiz, der EU oder der EFTA seinen Sitz hat, besteht zusätzlich die gesetzliche Beitragspflicht in die Unfallversicherung im Tätigkeitsstaat des Arbeitnehmers.
Im europäischen Raum wird die Beitragspflicht des Arbeitgebers zur Sozialversicherung durch Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EG) 987/09 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung EG Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit geregelt, die auch für die Schweiz Anwendung findet.
Nach dieser Vorschrift unterstehen Arbeitnehmer in der Schweiz oder Deutschland mit jeweils ausländischen Arbeitgebern den im Tätigkeitsstaat des Arbeitnehmers geltenden Sozialversicherungen. Der Arbeitgeber muss den Anschluss an die Beitragssysteme sicherstellen, kann aber die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge an den Arbeitnehmer delegieren.

Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer

Ausländische Arbeitgeber, die in Deutschland oder der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigten, selbst jedoch in dem jeweiligen Land keine Niederlassung haben, können mit Ihrem Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser für seinen Arbeitgeber das deutsche oder schweizerische Melde- und Beitragsverfahren übernimmt.
Der Arbeitgeber muss zunächst die zuständigen Sozialversicherungsträger über die getroffene Vereinbarung informieren. In der Regel werden das diejenigen Institutionen sein, bei der der Arbeitnehmer bereits jetzt schon versichert ist.
In der Folge ist nun der Arbeitnehmer für die Erstellung der Meldungen zur Sozialversicherung, die Einreichung der Beitragsnachweise und die Zahlung des Sozialversicherungsbeitrags verantwortlich. Der Arbeitgeber zahlt ihm hierfür den Gesamtsozialversicherungsbeitrag mit dem Arbeitsentgelt aus.
Eine solche Vereinbarung nach Artikel 21 Absatz 2 VO (EG) 987/09 sollte schriftlich festgehalten werden. Hierzu gibt es z. B. Mustervereinbarungen der Sozialversicherungsträger, die Ihnen Rechtsanwalt Lüpke gerne zustellt.
Bei dieser Regelung handelt es sich nur um eine administrative Erleichterung. Die Auszahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an den Arbeitnehmer, hat keine befreiende Wirkung für den Arbeitgeber. Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitnehmers gegenüber den Sozialversicherungsträgern haftet weiterhin, auch bei einer nach Artikel 21 Absatz 2 VO (EG) 987/09 wirksam zustande gekommenen Vereinbarung, der Arbeitgeber wie ein selbstschuldnerischer Bürge.

Steuerpflicht der Angestellten

Auch bei der Steuerpflicht gilt gemäss Art 15. Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens Schweiz-Deutschland für Arbeitnehmer das Tätigkeitsortsprinzip bei Einkünften aus unselbständiger Arbeit. Da die Mitarbeiter vollumfänglich im Tätigkeitsstaat arbeiten und dort in der Regel auch wohnen, sind sie dort auch steuerpflichtig.
In Deutschland muss der dort ansässige Arbeitgeber die sog. Lohnsteuer für den Arbeitnehmer jeweils monatlich an das Finanzamt abführen. Diese Pflicht kann aber auch wie bei der oben dargestellten Sozialversicherungspflicht an den Arbeitnehmer durch eine Regelung im Arbeitsvertrag delegiert werden, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat. Der Arbeitgeber haftet aber auch danach noch gesetzlich dafür, dass der Arbeitnehmer die Steuer auch an das zuständige Finanzamt abführt.
In der Schweiz unterliegen nur die Einkünfte ausländischer Arbeitnehmer der Quellensteuer mit der Folge, dass die Verrechnung durch den Arbeitgeber vorgenommen wird. Ausländische Personen mit Wohnsitz in der Schweiz und einer Niederlassungsbewilligung (Ausweis C) deklarieren ihr Einkommen und Vermögen hingegen mit der normalen Steuererklärung wie die Schweizer Staatsangehörigen.

Fazit

Ein Unternehmen mit Sitz im Ausland muss nicht schon eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft in der Schweiz oder Deutschland gründen, um mit eigenen Mitarbeitern vor Ort den Markt zu bearbeiten. Als Arbeitgeber kann das ausländische Unternehmen mit entsprechender schriftlicher Vereinbarung die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge und der deutschen Lohnsteuer bzw. Quellensteuer in der Schweiz an den Arbeitnehmer delegieren.
Möchte man den einzustellenden Mitarbeiter nicht mit diesem administrativen Aufwand belasten, kann das ausländische Unternehmen für diese Aufgaben auch einen Steuerberater im Tätigkeitsstaat des Arbeitnehmers beauftragen.
Im Zusammenhang mit der Anstellung eines Mitarbeiters in Deutschland oder der Schweiz durch ein ausländisches Unternehmen muss darauf geachtet werden, keine eigene sog. steuerliche Betriebsstätte durch einen ständigen Vertreter oder eine feste Geschäftseinrichtung zu begründen. Ein Aussendienstmitarbeiter ohne Vollmacht, Verträge zu schliessen, oder das Home Office des Arbeitnehmers gelten noch nicht als steuerliche Betriebsstätte.
Natürlich kann es auch sinnvoll sein, sofort eine Tochtergesellschaft im Tätigkeitsstaat zu gründen und die Mitarbeiter vor Ort direkt anzustellen. Das gilt insbesondere dann, wenn Kunden aus haftungs- oder gewährleistungsrechtlichen Gründen einen inländischen Vertragspartner wünschen.
Auf Wunsch stellt Ihnen Rechtsanwalt Rolf Lüpke gerne die erwähnten Vorschriften zu.
Auch ist Ihnen Rechtsanwalt Lüpke gerne bei der Erstellung eines Arbeitsvertrages mit Ihren zukünftigen Arbeitnehmern behilflich und berät Sie zu allen Fragen eines grenzüberschreitenden Marktauftritts in Deutschland oder der Schweiz.
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Rechtsanwalt Rolf Lüpke steht Ihnen gerne für Rückfragen und für eine individuelle Beratung zur Verfügung.

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