Grenzenlos Recht Rolf Lüpke Rechtsanwalt MAES

Mandantenbrief

Nachfolgend werden Sie auf ausgewählte aktuelle Entwicklungen in der Steuergesetzgebung und Rechtsprechung der Europäischen Union, Deutschlands und der Schweiz mit Blick auf das Jahr 2017 hingewiesen.

Europäische Union

Europäische Kommission kündigt Reform der Unternehmensbesteuerung in der EU an

Die Europäische Kommission hat am 25. Oktober 2016 angekündigt, dass sie eine Reform der Besteuerung von Unternehmen im Binnenmarkt plant. Das vorgelegte Paket umfasst drei separate Initiativen:

I. Die Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)

Die Europäische Kommission hat ihren Vorschlag für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer- Bemessungsgrundlage (GKKB) – wahrscheinlich die ehrgeizigste jemals in der EU vorgeschlagene Körperschaftsteuerreform – verbessert und wiederaufgelegt. Die GKKB soll Unternehmen erstmals ein einheitliches Regelwerk zur Berechnung ihrer steuerbaren Gewinne in der gesamten EU an die Hand geben. Sie soll beispielsweise sicherstellen, dass alle Mitgliedstaaten für einen bestimmten Vermögenswert denselben Abschreibungssatz ansetzen oder dieselben Ausgaben steuerlich abzugsfähig sind. Die Unternehmen müssen nur an ein Regelwerk halten, wenn sie ihre steuerpflichtigen Gewinne berechnen, und diese Berechnung erfolgt EU-weit einheitlich. Im Vergleich zum vorangegangenen Vorschlag aus dem Jahr 2011 soll das neue System

  • für grosse multinationalen Konzerne verpflichtend sein. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Unternehmen mit weltweiten jährlichen Erträgen von über 750 Mio. EUR dort besteuert werden, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften.
  • Schlupflöcher im Zusammenhang mit der Gewinnverlagerung für steuerliche Zwecke schliessen, indem Verrechnungspreisen und Steuervergünstigungen einen Riegel vorgeschoben werden sollen.
  • Anreize für Unternehmen schaffen, ihre Aktivitäten durch Eigenkapital zu finanzieren. Es soll einen Freibetrag für die Beschaffung von Beteiligungskapital geben. Ein fester Satz des neuen Eigenkapitals von Unternehmen, der sich aus einem risikofreien Zinssatz und einer Risikoprämie zusammensetzt, soll jedes Jahr steuerlich abzugsfähig sein. Unter aktuellen Marktbedingungen würde dieser Satz 2,7 % betragen. Dadurch sollen Anreize für Unternehmen geschaffen werden, stabilere Finanzierungsquellen zu erschliessen und Kapitalmärkte in Anspruch zu nehmen.
  • Innovation durch steuerliche Anreize für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (FuE) fördern, die mit einer realen Wirtschaftstätigkeit verbunden sind. Alle Unternehmen, die in FuE investieren, können die Kosten dieser Investition vollständig – sowie je nach Höhe ihrer Aufwendungen noch einen zusätzlichen Prozentsatz dieser Kosten – in Abzug bringen. Die FuE-Aufwendungen sind zu 100 % abzugsfähig, bei FuE-Aufwendungen bis zu 20 Mio. EUR kann zusätzlich ein weiterer Betrag in Höhe von 50 % der Aufwendungen abgezogen werden, und bei FuE-Aufwendungen über 20 Mio. EUR können zusätzlich 25 % des 20 Mio. EUR übersteigenden Betrags abgezogen werden. Start-up-Unternehmen können sogar noch mehr abziehen: Neben ihren gesamten FuE-Aufwendungen (100 %) weitere 100 % der FuE-Aufwendungen.
  • es Unternehmen durch die Konsolidierung ermöglichen, die in einem Mitgliedstaat erzielten Gewinne mit Verlusten aus einem anderen Mitgliedstaat zu verrechnen. Steuerliche Hindernisse wie die Doppelbesteuerung sollen beseitigt werden.

Die Körperschaftsteuersätze sind nicht von der GKKB erfasst, da dies nach wie vor eine Angelegenheit der nationalen Souveränität ist. Unternehmen können fortan ein einheitliches Regelwerk nutzen und bei ihrer inländischen Steuerverwaltung eine einzige Steuererklärung für ihre gesamten Tätigkeiten in der EU abgeben.

II. Verbesserte Mechanismen zur Streitbeilegung in Doppelbesteuerungsangelegenheiten

Die Doppelbesteuerung ist eines der größten Steuerhindernisse für Unternehmen im Binnenmarkt. Die EU-Kommission hat daher ein besseres Verfahren für die Streitbeilegung in Doppelbesteuerungsangelegenheiten in der EU vorgeschlagen, um den Unternehmen grössere Rechtssicherheit zu bieten. Der Vorschlag dehnt die Reichweite der von den Streitbeilegungsmechanismen erfassten Fälle aus. Unternehmen können auf die Streitbeilegungsmechanismen zurückgreifen, wenn sie Schwierigkeiten mit der Doppelbesteuerung bei allen Aspekten der Unternehmensbesteuerung haben. Er sieht ferner klare Fristen für die Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten durch die Mitgliedstaaten vor, um lange Zeiten der Unsicherheit für die Unternehmen zu vermeiden. Ferner enthält er eine Möglichkeit für Steuerpflichtige, blockierte oder langwierige Fälle voranzubringen.

III. Massnahmen zur Bekämpfung von Schlupflöchern in Drittländern

Dieser Vorschlag basiert auf der im Juli 2016 vereinbarten Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit Massnahmen, die die Unternehmen davon abhalten sollen, unterschiedliche Rechtsvorschriften oder Inkongruenzen zwischen den Steuersystemen von Mitgliedstaaten und Drittländern auszunutzen. Die Richtlinie befasst sich mit hybriden Gestaltungen zwischen Mitgliedstaaten. Durch die neuen Regelungen können Unternehmen diese Inkongruenzen bei den Steuervorschriften unterschiedlicher Mitgliedstaaten nicht mehr nutzen, um sich in beiden Ländern Abzugsfähigkeit für ihre Einkünfte zu sichern oder in einem Land einen Abzug für Einkünfte zu erhalten, die im anderen Land von der Steuer befreit sind. Der am 25. Oktober 2016 vorgelegte Vorschlag befasst sich mit hybriden Gestaltungen zwischen Mitgliedstaaten und zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern. Wenn eine hybride Gestaltung mit einem Drittland zu doppelter Nichtbesteuerung führt, kann es sein, dass das Unternehmen bestimmte Zahlungen in der EU leisten muss, die es normalerweise nicht vornehmen würde, oder dass es bestimmte Zahlungen nicht mehr abziehen kann.

Schweiz

Unternehmensteuerreform III

Im Juni 2015 hat der Bundesrat die Botschaft zur USR III verabschiedet und an das Eidgenössische Parlament übermittelt. Anschliessend wurde die Reform von beiden Räten und deren vorberatenden Kommissionen mehrmals beraten. In der Junisession 2016 konnten nun die letzten Differenzen ausgeräumt und die Vorlage in der Schlussabstimmung vom 17. Juni 2016 beschlossen werden. Gegen die Reform wurde das Referendum ergriffen. Die Gegnerinnen und Gegner erwarten hohe steuerliche Einnahmenausfälle. Sie befürchten, dass die Bevölkerung diese Ausfälle kompensieren muss. Die Vorlage kommt am 12. Februar 2017 zur Abstimmung.
Die Reform basiert auf drei Elementen:

  • Abschaffung bestehender und Einführung neuer Sonderregelungen für mobile Erträge, die den aktuellen internationalen Standards entsprechen,
  • kantonale Gewinnsteuersatzsenkungen,
  • weitere Massnahmen zur Verbesserung der Systematik des Unternehmenssteuerrechts.

Das Parlament hat verschiedene Änderungen am ursprünglichen Entwurf des Bundesrates vorgenommen. Als eigentliche Knacknuss erwies sich dabei die zinsbereinigte Gewinnsteuer auf überdurchschnittlichem Eigenkapital. Während der Nationalrat deren Einführung befürwortete, wollte der Ständerat eine Einführung nur in Betracht ziehen, wenn als Ausgleich das Teilbesteuerungsverfahren für Dividenden angepasst und der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer stärker erhöht wird. Schliesslich einigten sich die Räte auf einen Kompromiss: die zinsbereinigte Gewinnsteuer wird für den Bund obligatorisch und für die Kantone fakultativ eingeführt. Will ein Kanton die zinsbereinigte Gewinnsteuer einführen, muss er zugleich sicherstellen, dass Dividenden und weitere geldwerte Vorteile aus qualifizierten Beteiligungen im Privatvermögen zu mindestens 60 Prozent steuerbar sind. Darüber hinaus wird der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer auf 21.2 Prozent erhöht.
Als weitere wesentliche Änderung gegenüber den in der Botschaft geäusserten Vorschlägen des Bundesrates hat das Parlament auf die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital im Rahmen der USR III verzichtet und das Geschäft an die zuständige Kommission zurückgewiesen. Entgegen dem Vorschlag des Bundesrates wurde zudem die Einführung einer Tonnage Tax diskutiert. Die Räte einigten sich darauf, das Geschäft an den Bundesrat zurückzuweisen, damit gewisse offene Punkte, namentlich die Verfassungskonformität der Massnahme, geklärt werden können und ein ordentliches Vernehmlassungsverfahren durchgeführt werden kann.
Konkret hat das Parlament folgende Massnahmen beschlossen:

  • Abschaffung des kantonalen Steuerstatus für Holding- und Verwaltungsgesellschaften. Er betrifft ausschliesslich die kantonale Ebene und ist für alle Kantone verbindlich. Bei Beendigung der Statusbesteuerung werden die dannzumal vorhandenen stillen Reserven in einer Verfügung festgestellt. Während eines Zeitraums von 5 Jahren wird sodann ein Teil des Gewinns der bisherigen Statusgesellschaften zu einem vom Kanton festzusetzenden Sondersatz besteuert. Der maximal zum Sondersatz besteuerte Betrag entspricht dabei der in der Verfügung festgestellten Höhe der stillen Reserven. Darüber hinaus werden zeitgleich mit dem Inkrafttreten der Reform auch die Praxisfestlegungen betreffend der Prinzipalbesteuerung und der Swiss Finance Branch aufgehoben.
  • Einführung einer auf dem aktuellen internationalen Standard (modifizierter Nexusansatz) basierenden Patentbox im Steuerharmonisierungsgesetz. Mit einer Patentbox wird der Gewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten vom übrigen Gewinn getrennt und reduziert besteuert. Für die Definition der qualifizierenden Immaterialgüterrechte gibt der OECD-Standard folgenden Rahmen vor: Patente und patentähnliche Rechte, urheberrechtlich geschützte Software und nicht patentgeschützte Erfindungen von KMU. Die Staaten können diese Auswahl eingrenzen, sie können aber nicht darüber hinausgehen. So können bspw. Marken nicht für die Patentbox qualifizieren. Weiter hat die OECD den sogenannten modifizierten Nexusansatz als Standard definiert. Er stellt einen Konnex zwischen den Forschungs- und Entwicklungskosten (FuE-Kosten) und den Erträgen aus den qualifizieren-den Immaterialgüterrechten her. Gemäss diesem Standard kann der Boxengewinn nur in dem Umfang privilegiert besteuert werden, der dem Verhältnis zwischen den FuE-Kosten im Inland und den Kosten für die Auftragsforschung an Dritte zu den gesamten FuE-Kosten entspricht. Zu den gesamten FuE-Kosten gehören namentlich auch die Kosten für den Kauf eines Immaterialgüterrechts und die Kosten der Auftragsforschung in ausländischen Konzerngesellschaften. Der Boxengewinn kann höchstens im Umfang von 90% entlastet werden. Die Kantone können eine geringere Entlastung vorsehen.
  • Einführung einer Ermächtigung für die Kantone, erhöhte Steuerabzüge für Forschungs- und Entwicklungskosten vorzusehen. Die Massnahme erlaubt nun für steuerliche Zwecke einen Abzug dieser Kosten der höchstens zur Hälfte grösser sein kann als die tatsächlichen Kosten (gesamthaft höchstens 150%). Die Kantone können einen tieferen zusätzlichen Abzug vorsehen.
  • Fakultative Anpassungen bei der kantonalen Kapitalsteuer;
  • Einführung eines einheitlichen Systems zur Aufdeckung stiller Reserven auf Bundes- und Kantonsebene;
  • Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer auf überdurchschnittlichem Eigenkapital für Bund (obligatorisch) und Kantone (freiwillig). Kantone, die dieses Instrument einführen, müssen gleichzeitig Dividenden und weitere geldwerte Vorteile aus qualifizierenden Beteiligungen (mindestens 10 Prozent) im Privatvermögen zu mindestens 60 Prozent besteuern. Bei einer zinsbereinigten Gewinnsteuer können über den Abzug der Schuldzinsen hinaus auch kalkulatorische Zinsen auf dem Eigenkapital von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Damit wird Eigen-und Fremdkapital auf Stufe des Unternehmens gleich behandelt (d.h. ohne die Steuerlast des Anteileigners zu berücksichtigen). Die Massnahme sieht diese kalkulatorischen Zinsen nur auf dem überdurchschnittlichen Eigenkapital vor. Dazu wird das Eigenkapital mittels risikogewichteter Eigenkapitalunterlegungssätze in Bezug auf einzelne Aktiven in das Kern- und das Sicherheitseigenkapital unterteilt. Nur auf letzterem wird der kalkulatorische Zins gewährt. Die Höhe des kalkulatorischen Zinses richtet sich nach der Rendite 10- jähriger Bundesobligationen. Soweit Sicherheitseigenkapital anteilsmässig auf Forderungen gegenüber Nahestehenden beruht, kann ein dem Drittvergleich entsprechender Zinssatz geltend gemacht werden.
  • Entlastungsbegrenzung: Die Entlastungen aus Patentbox, Inputförderung, zinsbereinigter Gewinnsteuer sowie aus Abschreibungen aufgrund eines vorzeitigen Verzichts auf einen kantonalen Steuerstatus dürfen gesamthaft 80 Prozent des ohne diese Entlastungen steuerbaren Reingewinns nicht überschreiten.
  • Schaffung einer gesetzlichen Grundlage damit die pauschale Steueranrechnung auch von schweizerischen Betriebsstätten ausländischer Unternehmen in Anspruch genommen werden kann;
  • Die Kantone können das Eigenkapital, das in Zusammenhang mit Beteiligungen, Patenten und vergleichbaren Rechten sowie konzerninternen Darlehen steht, reduziert in die Bemessung der Kapitalsteuer einfliessen lassen.
  • Bereits im geltenden Recht werden beim Wegzug einer Gesellschaft ins Ausland die vorhandenen stillen Reserven zulasten des Steuerpflichtigen aufgedeckt und besteuert. Spiegelbildlich dazu soll neu auch eine Aufdeckung zugunsten des Steuerpflichtigen bei Zuzug stattfinden. Vor dem Zuzug hat in der Schweiz keine Steuerpflicht bestanden, deshalb sollen die vor dem Zuzug bestehenden stillen Reserven bei deren Realisation auch nicht der schweizerischen Gewinnsteuer unterstellt werden. Zu diesem Zweck können die stillen Reserven im Zeitpunkt des Zuzugs aufgedeckt und in den Folgejahren gewinnsteuerwirksam abgeschrieben werden. Die gleichen Grundsätze sollen auch bei Beginn und Ende einer subjektiven oder objektiven Steuerbefreiung zur Anwendung gelangen.
  • Stille Reserven, einschliesslich des selbst geschaffenen Goodwills (Unter-nehmungsmehrwert), können somit neu bei Beginn der Steuerpflicht steuerneutral in der Steuerbilanz aufgedeckt werden. Stille Reserven, die auf den einzelnen Aktiven aufgedeckt werden, müssen gemäss den gängigen Abschreibungssätzen abgeschrieben werden. Der in der Steuerbilanz ausgewiesene Goodwill muss innert höchstens zehn Jahren abgeschrieben werden.

Bund und Kantone befürchten durch den Wegfall der Steuerprivilegien für Statusgesellschaften (Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften), dass viele Unternehmen ins Ausland abwandern, da der Wegfall der bisherigen Sonderregeln, nur zu einem Teil durch die oben beschriebenen Ersatzprivilegien kompensiert würden. Deshalb beabsichtigen viele Kantone, die ordentlichen Gewinnsteuersätze zu senken. Nach einer von der Bundesverwaltung am 12.12.2016 veröffentlichten Übersicht sehen die Pläne einzelner Kantone derzeit wie folgt aus:

Geplanter effektiver Gewinnsteuersatz, soweit die Kantone hierzu Angaben gemacht haben (in Klammern bisherige Steuersätze):

Zürich: 18,2% (21,15%)
Bern: 14% (20,7%)
Zug: 12% (14,6%)
Freiburg: 13,27 (19,86)
Solothurn: 12,9% (21,85)
Basel-Stadt: 13% (22,8%)
Basel-Land: 14% (20,7%)
Schaffhausen: 12,0-12,5% (16,04%)
St. Gallen: unter 15% (17,40%)
Graubünden: 15% (16,68)
Tessin: 17,47% (20,67%)
Waadt: 13,79% (22,79%)
Wallis: 15,61% (21,74%)
Genf: 13,49% (24,16%)
Damit dürfte der Schweizer Durchschnitt der ordentlichen Gewinnsteuersätze künftig in der Nähe von 15% liegen – weit unter dem bisherigen Mittel von 21 bis 22%. Die Standortattraktivität der Schweiz wird damit auch zukünftig erhalten bleiben und für aktiv am Markt tätige ausländische Investoren sogar noch gesteigert werden.

Deutschland

Reform der Erbschaftsteuer

Mit dem Beschluss des deutschen Bundesrates vom 14.10.2016 ist nach zähem Ringen das „Gesetz zur Anpassung des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG) an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)“ endgültig verabschiedet worden. Das Gesetz tritt rückwirkend für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 30.6.2016 in Kraft.
Mit Urteil vom 17.12.2014 hat das Bundesverfassungsgericht wesentliche Elemente der Begünstigungstatbestände für Unternehmensvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG aF) bei der Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt. Das BVerfG hatte die erbschaftsteuerlichen Bestimmungen über die Privilegierung von Unternehmensvermögen wegen Verstosses gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für mit der Verfassung unvereinbar erklärt. §§ 13a, 13b ErbStG aF gewährten unter bestimmten Voraussetzungen, die im Wesentlichen den Fortbestand des Unternehmens in der Hand des Erwerbers und den Erhalt von Arbeitsplätzen sichern sollen, eine weitreichende sachliche Steuerbefreiung von 85 % (Regelverschonung) oder – unter strengeren Anforderungen – von 100 % (Optionsverschonung).
Auch in der Neuregelung bleibt das bekannte Grundkonzept erhalten: Ausgehend von einem als begünstigungsfähig definierten Vermögen (§ 13b Abs. 1 ErbStG nF) mit Aussonderung von Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 4 ErbStG nF) wird der Erwerb zu 85 % (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG nF) von der Erbschaftsteuer verschont, wenn die betroffenen Arbeitsplätze typisiert als Lohnsumme erhalten bleiben (§ 13a Abs. 3 ErbStG nF) und es nicht zu schädlichen Verfügungen bzw. gleichgestellten Vorgängen während einer Behaltensfrist von fünf Jahren (§ 13a Abs. 6 ErbStG nF) kommt. Unter verschärften Voraussetzungen besteht auch weiterhin die Möglichkeit der 100 %-Verschonung (§ 13a Abs. 10 ErbStG nF).
Im Unterschied zum bisherigen Recht wird Verwaltungsvermögen jedoch grds. nicht mehr von der Begünstigung miterfasst. Der Gesetzgeber möchte grds. nur Produktivvermögen begünstigen. Der Ermittlung des Verwaltungsvermögens kommt damit nun eine gänzlich andere Funktion zu. Während es vorher nur bei Überschreiten der Grenzen von 50 % bzw. 10 % nicht zu einer Begünstigung kam, wird es nun – mit gewissen Rückausnahmen – in jedem Falle von der Begünstigung ausgenommen.
Die Anpassungen des ErbStG lassen sich in folgende Schwerpunkte einteilen:

  • Modifikationen hinsichtlich des begünstigten Vermögens;
  • Änderungen der Lohnsummenregel;
  • Vorababschlag für qualifizierte Familienunternehmen und
  • Einschränkungen der Begünstigungen für sog Grosserwerbe.

Besondere Bedeutung hat zudem die Änderung des Bewertungssgesetzes (BewG) in Bezug auf den im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens anzuwendenden Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG nF). Zudem ist die Stundungsregelung des § 28 ErbStG nF überarbeitet worden.
Die Überarbeitung der Begünstigungsvorschriften für Unternehmensvermögen zeigt, dass das Hochsteuerkonzept mit weitreichenden sachlichen Steuerbefreiungen an seine Grenzen stösst. Um es den Anforderungen des Gleichheitssatzes entsprechend auszugestalten, hat der Gesetzgeber zahlreiche Detailregelungen für notwendig befunden, die in der praktischen Umsetzung erhebliche Probleme verursachen werden und verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sind.
Zudem sind gerade in Bezug auf die Regelungen über Grosserwerbe Gestaltungen möglich, die eine Anwendung von § 13c ErbStG nF und § 28a ErbStG nF vermeiden. Der Gesetzgeber hat hier ein neues gleichheitsrechtliches Problem geschaffen. Sicher ist vor diesem Hintergrund, dass in nicht ferner Zukunft die Fachwelt auf die vierte Entscheidung des BVerfG zum ErbStG warten wird. Bis dahin werden sich die steuerlichen Berater intensiv mit den vielen Details der Neuregelung beschäftigen müssen. Umso mehr gilt jetzt, dass die Nachfolgeplanung aus einem steuerlichen Blickwinkel mit langem Vorlauf und sehr umsichtig angegangen werden muss.
Die genannten Rechtsakte, Veröffentlichungen der Steuerbehörden sowie das erwähnte Urteil des BVerfG stellt Ihnen Rechtsanwalt Rolf Lüpke gerne zu. Er steht Ihnen auch für Rückfragen und weiteren Informationen zur Verfügung.
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Rechtsanwalt Rolf Lüpke steht Ihnen gerne für Rückfragen und für eine individuelle Beratung zur Verfügung.

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