Nachfolgend werden Sie auf ausgewählte aktuelle Entwicklungen in der Steuergesetzgebung und Rechtsprechung Deutschlands und der Schweiz mit Blick auf das Jahr 2016 hingewiesen:
Deutschland Steueränderungsgesetz 2015 (Jahressteuergesetz 2016)
Das Steueränderungsgesetz 2015 ist eines jener typischen „Omnibusgesetze“, die beinahe jährlich die Änderungsbedürfnisse vor allem der Finanzverwaltung sammeln und meistens ohne grossen politischen Widerstand in Gesetzesform giessen. Das Steueränderungsgesetz 2015 ist am 5.11.2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Nachfolgend sollen einige für die Wirtschaft wichtige Änderungen dargestellt werden:
Ersatzinvestitionen: Besteuerung stiller Reserven bei der Veräusserung bestimmter Anlagegüter
Bei Ersatzinvestitionen in begünstigte Anlagegüter (z.B. Gebäude) einer im EU-/EWR-Raum belegenen Betriebsstätte wird den Steuerpflichtigen folgendes Wahlrecht eingeräumt:
- Die auf den Veräusserungsgewinn entfallende Steuer eines begünstigten Reinvestitionsobjekts kann sofort entrichtet werden, oder
- die Steuer kann – auf Antrag – über einen Zeitraum von fünf Jahren gestreckt (in fünf gleichen Jahresraten) bezahlt werden.
Dieser Antrag (bei einer beabsichtigten Investition) kann nach Satz 2 des § 6b Abs. 2a Einkommensteuergesetz (EStG) nur im Wirtschaftsjahr der Veräusserung gestellt werden. Damit wird eine Gleichbehandlung mit Inlandsfällen hergestellt. Die Regelung tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgetzblatt in Kraft.
Verlustvorträge bei konzerninternen Umstrukturierungen: Erweiterung der Konzernklausel
Nach der Konzernklausel in § 8c Abs. 1 Satz 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) könne Verlustvorträge bei konzerninternen Umstrukturierungen erhalten bleiben, wenn an dem jeweils übertragenden und übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person unmittelbar oder mittelbar zu 100% beteiligt ist. Damit sind Umstrukturierungen, die innerhalb eines Konzerns vorgenommen werden, an dessen Spitze zu 100% eine einzelne Person oder Gesellschaft steht, von Verlustabzugsbeschränkungen ausgenommen.
Diese Regelung wird nun erweitert. Die Konzernklausel ist auch anwendbar, wenn die Konzernspitze selbst Erwerber oder Veräusserer einer nachgeordneten Gesellschaft ist, zu der mittelbar oder unmittelbar eine Beteiligung von 100% besteht (z.B. wenn eine 100%ige Tochtergesellschaft Anteile an einer Enkelgesellschaft an die Konzernobergesellschaft überträgt). Neben einer natürlichen oder juristischen Person wird auch eine Personenhandelsgesellschaft (also OHG oder KG) als Konzernspitze zugelassen. Die Regelung tritt zum 1.1.2016 in Kraft. Erstmalige Anwendung auf Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 (rückwirkende begünstigende Anwendung gemäß Â§ 34 Abs. 6 Satz 5 KStG).
Umwandlungssteuergesetz (UmwstG)
Einschränkungen bei Einbringungstatbeständen
Jeder Vermögenstransfer zwischen verschiedenen Rechtsträgern führt in der Regel zu einer Realisierung der in dem übertragenen Vermögen ruhenden stillen Reserven. Ausnahmen enthalten Einbringungstatbestände. Diese haben in der Praxis (aus Sicht des Gesetzgebers) zu unerwünschten Steuergestaltungen geführt.
Die bisherige Möglichkeit, sonstige Gegenleistungen in Höhe des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens erbringen zu können, ohne die Steuerneutralität der Einbringung zu gefährden, wird eingeschränkt. Künftig können gemäss § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG die Buchwerte bei Erbringung sonstiger Gegenleistungen nur noch fortgeführt werden, soweit der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistungen nicht die Grenze von
- 25% des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder
- 500.000 €, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens,
übersteigt.
Werden diese Werte überschritten, sind die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens anteilig aufzudecken. Neben dem absoluten Freibetrag von 500.000 € bleiben Ausgleichszahlungen nach der Neuregelung immer bis zu einem Viertel der Buchwerte ohne steuerliche Folgen. Hierdurch kommt es im Grundsatz zur Aufdeckung der anteiligen stillen Reserven, technisch jedoch mit einem „Freibetrag“ in Höhe von 25%. Erstmalige Anwendung auf Umwandlungsbeschlüsse bzw. abgeschlossene Einbringungsverträge nach dem 31.12.2014 (rückwirkende Anwendung gemäß Â§ 27 Abs. 14 UmwStG).
Umsatzsteuergesetz (USTG)
Steuerentstehung von unrichtig oder unberechtigt ausgewiesener Umsatzsteuer
Die wegen unrichtigen (§ 14c Abs. 1 UStG) bzw. unberechtigten (§ 14c Abs. 2 UStG) Steuerausweises geschuldete Steuer entsteht im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung z.B. einen höheren Steuerbetrag, als er für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, schuldet er nach § 14c Abs. 1 UStG auch den Mehrbetrag. Nach derzeitiger Rechtslage entsteht die Steuer in diesen Fällen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. Dies führt in Fällen späterer Rechnungserteilung (z.B. Nachberechnungsfälle) dazu, dass der Unternehmer die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer rückwirkend schuldet. Durch die nun vorgesehene Anpassung werden solche Rückwirkungsfälle vermieden. Die Regelung ist am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten.
Lieferung von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen: Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers
Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist anzuwenden auf Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen. Als Grundstücke gelten insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Lieferungen von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen können somit weiterhin unverändert unter die Regelung des § 13b UStG (Leistungsempfänger als Steuerschuldner) fallen. Betriebsvorrichtungen gelten demnach nur dann nicht als Grundstück, wenn sie nicht auf Dauer installiert sind oder bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Damit werden erhebliche, in der Praxis nicht handhabbare Probleme bei der Abgrenzung zwischen Bauwerk und Betriebsvorrichtung vermieden. Ausführliche Informationen zur „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers: Betriebsvorrichtungen als Bauleistungen“ geben die Praxishinweise zum BMF-Schreiben vom 28.7.2015 (III C 3 – S 7279/14/10003; DOK 2015/0593552). Die Regelung ist ebenfalls am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft getreten.
Weitere Gesetzgebungsverfahren
Politisch brisanter ist das noch nicht verabschiedete Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Aufgrund starker inhaltlicher Differenzen innerhalb der Koalition wird aber mit einer Verschiebung des Abschlusses des Gesetzgebungsverfahrens in das Jahr 2016 zu rechnen sein. Ebenso 2016 ist mit dem derzeit als Referentenentwurf vorhandenem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zu rechnen, das zu einigen wichtigen Änderungen durch den verstärkten Einsatz der Informationstechnologie im Besteuerungsverfahren führen dürfte. Schliesslich ist im Jahr 2016 noch mit einem Gesetzgebungsverfahren zu rechnen, das die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erörterung der Umsetzung der Ergebnisse des sog. BEPS-Aktionsplans (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD insbesondere zur Thematik der grenzüberschreitenden hybriden Gestaltungen aufgreifen dürfte.
Rechtsprechung
FG Köln untersagt internationalen Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden
Das Finanzgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 7.9.2015 (2V 1375/15) den Informationsaustausch zu internationalen Unternehmen der digitalen Wirtschaft im Rahmen des BEPS-Aktionsplans der OECD untersagt. Deutschland hat mit Australien, Frankreich, Grossbritannien, Japan und Kanada (E6-Staaten) im Rahmen des BEPS-Aktionsplans der OECD einen weitreichenden Informationsaustausch über verschiedene Unternehmen der digitalen Wirtschaft vereinbart. Um die gesetzlichen Ursachen für die niedrige effektive Steuerbelastung bestimmter multinationaler Unternehmen zu klären, sollen ohne Anonymisierung und unabhängig von der konkreten Besteuerung der einzelnen Gesellschaften Informationen zu Strukturen und Geschäftsmodellen ausgetauscht werden. Die Informationen sollen der Einführung von Antimissbrauchsregelungen in den gegebenenfalls neu zu verhandelnden Doppelbesteuerungsabkommen und im internationalen Recht dienen. Der 2. Senat des Finanzgerichts Köln hat dem in Deutschland zuständigen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nunmehr im Wege einer einstweiligen Anordnung (vorläufig) untersagt, entsprechende Informationen zu erteilen oder einzuholen (Beschluss vom 7.9.2015, 2 V 1375/15). Der zwischen den „E6-Staaten“ vereinbarte Informationsaustausch verstösst nach Auffassung des Senats gegen das in § 30 der Abgabenordnung (AO) geregelte Steuergeheimnis und ist deshalb unzulässig. Der 2. Senat stützt seine Entscheidung unter anderem darauf, dass die niedrige Steuerbelastung auf der „Ausnutzung“ bestehender Gesetze beruhe. Vor diesem Hintergrund könne die schlichte Behauptung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt), die auszutauschenden Informationen dienten der Subsumtion unter steuerrelevante Sachverhalte, den beabsichtigten Austausch nicht rechtfertigen. Es sei nicht erkennbar, in welchem Staat welches konkrete Besteuerungsrecht bestehen und welcher konkrete Steuerpflichtige hiervon betroffen sein soll. Den Finanzverwaltungen der „E6-Staaten“ ginge es „lediglich“ um die Klärung, worin die gesetzlichen Ursachen der niedrigen effektiven Steuerbelastung bestünden, um durch Gesetzesänderungen Abhilfe schaffen zu können. Das zwischenstaatliche Auskunftsverfahren bilde hierfür jedoch keine gesetzliche Grundlage. Nach jeder insoweit in Betracht kommenden Rechtsgrundlage sei nämlich Voraussetzung, dass die Informationen zur Durchführung konkreter Besteuerungsverfahren oder zur Vermeidung von Steuerhinterziehungen „erforderlich“ bzw. „voraussichtlich erheblich“ seien. Diese Anforderungen sah der Senat aber nicht als erfüllt an.
BFH zur Besteuerung von Kapitalleistungen privatrechtlicher Schweizerischer Pensionskassen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit den am 17.6.2015 auf seiner Homepage veröffentlichten Urteilen vom 26.11.2014, VIII R 38/10 = SIS 15 12 96, VIII R 39/10 = SIS 15 12 97, VIII R 31/10 = SIS 15 12 95 und vom 2.12.2014, VIII R 40/11 = SIS 15 12 98, mit der Besteuerung von Kapitalleistungen befasst, die deutsche Steuerpflichtige im Rahmen der schweizerischen Altersvorsorge aus der sog. 2. Säule von Schweizer Pensionskassen beziehen bzw. in der Vergangenheit bezogen haben. Dies betrifft insbesondere Steuerpflichtige, die in Deutschland wohnen, aber in der Schweiz gearbeitet haben bzw. noch arbeiten (sog. Grenzgänger). Betroffen sind aber auch Steuerpflichtige, die keine Grenzgänger sind/waren, zwischenzeitlich in Deutschland wohnen und ebenfalls Leistungen aus einer Schweizer Pensionskasse beziehen.
Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung hat der BFH entschieden, dass bei der Besteuerung von Kapitalleistungen von privatrechtlichen Schweizer Pensionskassen zwischen dem Obligatorium (gesetzlich vorgeschriebener Mindestabsicherung) und dem Überobligatorium (über die Mindestabsicherung hinausgehende Einzahlungen in die Pensionskasse) zu unterscheiden ist.
Soweit die Auszahlung aus der privatrechtlichen Pensionskasse aus dem Obligatorium stammt, liegt eine steuerpflichtige „andere Leistung“ gemäß Â§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG vor, die – wie bisher – mit dem massgebenden Besteuerungsanteil steuerpflichtig ist. Soweit die Zahlung aus dem Überobligatorium stammt, erfolgt – entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung – die Besteuerung wie eine Leistung aus einer Kapitallebensversicherung. Erfolgt der Eintritt in die Pensionskasse vor 2005 und wurde mehr als zwölf Jahre eingezahlt, kann die Auszahlung sogar ganz steuerbefreit sein. Bei einem späteren Eintritt in die Pensionskasse ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Auszahlung und den entrichteten Beiträgen zu versteuern. Erfolgte in diesen Fällen die Auszahlung nach Vollendung des 60. (Vertragsabschluss bis 31.12.2011) bzw. 62. Lebensjahres (Vertragsabschluss ab 1.1.2012) und nach mehr als zwölf Jahren ist nur der hälftige Unterschiedsbetrag zu versteuern.
Die vom Bundesfinanzhof für privatrechtliche Pensionskassen angeordnete Unterscheidung zwischen dem Obligatorium und dem Überobligatorium schlägt auch auf die Einzahlungsphase durch. Hier hat die neue Rechtsprechung eine für die Steuerpflichtigen – insbesondere die Grenzgänger – nachteilige Auswirkung, da sich die überobligatorischen Einzahlungen in den meisten Fällen bei den Sonderausgaben steuerlich nicht (mehr) auswirken und die überobligatorischen Einzahlungen des Arbeitgebers steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.
Für Kapitalleistungen aus den öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskassen (im Regelfall die Pensionskassen öffentlich-rechtlicher schweizerischer Arbeitgeber) gelten diese Grundsätze dagegen nicht, da diese Pensionskassen ihre Rechtsgrundlagen im öffentlichen Recht haben. Eine Austrittsleistung aus einer solchen Pensionskasse hat der BFH für Veranlagungszeiträume ab 2005 einheitlich (Obligatorium und Überobligatorium) als „andere Leistung“ gemäss § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG beurteilt, die – soweit eine Einmalauszahlung erfolgt – nach der Fünftelregelung ermässigt besteuert werden kann.
Durch die aktuelle BFH-Rechtsprechung muss folglich die einkommensteuerliche Einordnung der Schweizer Pensionskassen sowohl in der Auszahlungsphase als auch in der Einzahlungsphase neu vorgenommen werden. Die neuen Besteuerungsgrundsätze werden derzeit von der Finanzverwaltung abgestimmt. Erst danach werden die o.g. Urteile im Bundessteuerblatt veröffentlicht und allgemein angewandt. Die Finanzämter werden daher auch erst zu diesem Zeitpunkt damit beginnen, die betroffenen Einsprüche abzuarbeiten. Vorteilhaft wäre es, wenn Sie dem Finanzamt bis dahin schon eine entsprechende Aufteilung (welcher Teil der Auszahlung stammt aus dem Obligatorium und welcher Teil aus dem Überobligatorium) der Pensionskassenleistung (Rente bzw. Einmalauszahlung) zukommen lassen würden. Für Altjahre, in denen kein Einspruch eingelegt wurde und die Bescheide bestandskräftig sind, gibt es keine Änderungsmöglichkeit.
Da die Finanzämter die bisherigen Rechtsgrundsätze zunächst weiter anwenden müssen, sollte bei Leistungen aus privatrechtlichen Schweizer Pensionskassen Einspruch eingelegt werden, damit das Finanzamt die günstigere BFH-Rechtsprechung anwenden kann, wie auch in einer Mitteilung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 20.7.2015 empfohlen wird.
Schweiz
Unternehmenssteuerreform III
Nachdem der Bundesrat am 5. Juni dieses Jahres die Botschaft zur Unternehmenssteuerreform III genehmigt hat, befindet sie sich zu Beratungen im Parlament. Geplant ist, sie zum 1.1.2017 auf Bundesebene in Kraft treten zu lassen. Die Kantone sollen für die Umsetzung eine Übergangsfrist von 2 Jahren bis 1.1.2019 erhalten. Ziel der Unternehmenssteuerreform ist es, nach der Abschaffung der kantonalen Steuerprivilegien für Holding-, gemischte und Domizilgesellschaften, neue Anreize für Unternehmen in den Steuerstandort Schweiz durch Senkung der Steuersätze aber auch durch gezielte Förderinstrumente wie erhöhte Abzüge für Aufwendungen aus Forschung und Entwicklung (F & E-Aufwendungen) und die Einrichtung einer Patentbox zu schaffen:
Erhöhte Abzüge für F & E-Aufwendungen (Inputförderung)
Eine steuerliche Förderung von F&E kann statt am Output auch am Input ansetzen, d. h. an den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Der Bundesrat will den Kantonen die Möglichkeit einräumen, auf Kantonsebene einen erhöhten Abzug für F&E-Aufwendungen einzuführen. Eine fakultative Regelung soll es dabei den Kantonen erlauben, eine Förderung entsprechend ihren Bedürfnissen vorzusehen. Für einige Kantone mag das Standortziel im Vordergrund stehen, für andere Kantone mag der Konnex zwischen Patentbox und Inputförderung weniger wichtig sein. Aus diesem Grund befürwortet der Bundesrat den kantonalen Entscheidungsspielraum zu wahren und lediglich einige Eckwerte der Förderung festzulegen:
- Die Förderung setzt i.d.R. beim Auftraggeber an, da – insbesondere bei der Grundlagenforschung – oftmals universitäre Einrichtungen in Anspruch genommen werden. Eine Förderung des Auftragsnehmers würde hier ins Leere laufen. Die Förderung ist auf im Inland betriebene F&E beschränkt.
- Die Förderung kann nicht mit einer Auszahlung im Verlustfall gekoppelt werden, da sie in diesem Fall eher den Charakter einer Subvention hätte.
- Die Förderung ist in Form einer erhöhten Abzugsfähigkeit auszugestalten. Grundsätzlich wirken eine Steuergutschrift und eine erhöhte Abzugsfähigkeit ähnlich. Unterschiede ergeben sich insoweit, als bei einer erhöhten Abzugsfähigkeit die Förderung nicht unabhängig von der Grenzsteuerbelastung ist. Der Ständerat befürwortete diesbezüglich in seiner Sitzung vom 14.12. F&E Aufwendungen nicht nur zu 100% zuzulassen, sondern bis zu 150% als Geschäftsaufwand anrechnen zu lassen.
Die Schweiz hat bisher gezögert eine F&E-Förderung einzuführen. Als Bedenken wurden oft die Komplexität des Deklarations- und Prüfungsprozesses sowohl für die Steuerbehörde als auch den Steuerpflichtigen auf der anderen Seite, sowie die schwierige Berechnung der möglichen Einnahmeverluste auf der anderen Seite genannt. Allerdings haben andere Staaten mit dem Förderinstrument gute Erfahrungen gemacht und Studien haben gezeigt, dass die Inputförderung verwaltungstechnisch einfach umzusetzen wäre.
Patentbox (Outputförderung)
Mittels einer Patentbox werden Erträge aus Immaterialgüterrechten und vergleichbaren Rechten von den übrigen Erträgen eines Unternehmens getrennt und reduziert besteuert. Sie kommen mithin in eine spezielle „Box“. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der sogenannten Outputförderung im Bereich F&E.
Bei der konkreten Ausgestaltung einer Patentbox besteht aus technischer Sicht ein erheblicher Spielraum. Allerdings werden in der OECD im Rahmen des BEPS-Aktionsplans derzeit neue Kriterien für derartige Boxen definiert. Die Arbeiten konzentrieren sich vor allem auf erhöhte Substanzanforderungen, die sicherstellen sollen, dass Erträge nicht willkürlich von Hochsteuer- in Tiefsteuerländer verschoben werden können. Für Patentboxen wurde dabei der so genannte modifizierte Nexus-Ansatz entwickelt. Dieser besagt, dass Erträge aus qualifizierenden Rechten nur im Verhältnis des dem Inland zurechenbaren F&E-Aufwands zum gesamten F&E-Aufwand privilegiert besteuert werden dürfen. Um die Finanzierung und Kontrolle von F&E im Ausland abzugelten, ist zudem ein Zuschlag (sog. uplift) von 30 % des F&E-Aufwands im Inland vorgesehen, sofern im Ausland tatsächlich F&E in diesem Umfang getätigt wurde.
Gewisse Fragen im Zusammenhang mit dem modifizierten Nexus-Ansatz sind in der OECD derzeit noch offen. Sie betreffen insbesondere die Fragen, welche Rechte neben Patenten noch für die Box qualifizieren können und wie der F&E-Aufwand diesen Rechten zugeordnet werden soll.
Die schweizerische Patentbox soll auf kantonaler Ebene obligatorisch eingeführt werden. Die Beschränkung auf die kantonale Ebene führt dazu, dass der darunter fallende Erfolg in etwa derselben Steuerbelastung unterliegt wie bisher. Mit der Beschränkung kann zudem erreicht werden, dass die Steuerbelastung auf den Stufen Bund, Kanton und Gemeinde kumuliert mindestens ca. 10 % beträgt, was aus Sicht der internationalen Akzeptanz eine angemessene Steuerbelastung sicherstellt. Die vorgeschlagene Patentbox weist folgende Eckwerte auf:
- Die Patentbox kann von juristischen Personen und von natürlichen Personen mit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in Anspruch genommen werden. Die Ausdehnung auf natürliche Personen mit einer selbstständigen Erwerbstätigkeit trägt der Rechtsformneutralität des Steuerrechts Rechnung und dient insbesondere auch den KMU.
- Patente und vergleichbare Rechte qualifizieren für die Patentbox. Unter vergleichbaren Rechten können zum Beispiel ergänzende Schutzzertifikate und der sogenannte Erstanmelderschutz gemäss Artikel 12 des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 200018 verstanden werden.
- Substanzanforderungen: Der modifizierte Nexus-Ansatz wird angewendet. Damit entspricht die schweizerische Patentbox dem aktuellen Stand des von der OECD entwickelten Standards zu den Substanzanforderungen.
- Berechnung des relevanten Boxenerfolgs: Die OECD hat keine konkreten Vorgaben zur Berechnung des Ergebnisses aus Patenten und vergleichbaren Rechten erlassen. Zum jetzigen Zeitpunkt schlägt der Schweizer Bundesrat vor, die sogenannte Residualmethode (Top-down-Ansatz, indirekte Berechnungsmethode) anzuwenden:
Schritt 1: Vom gesamten Gewinn vor Steuern einer juristischen Person bzw. von den steuerbaren Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit wird das Finanzergebnis abgezogen. Dieses umfasst insbesondere die Erträge aus Wertschriften, die Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertschriften sowie Zinsaufwendungen.
Schritt 2 Alle Erträge und Kosten, die nicht auf Patenten und vergleichbaren Rechten oder auf einem Verkauf eines Produkts / einer Dienstleistung mit qualifizierendem Immaterialgüterrecht beruhen, werden ausgeschieden und unterliegen der ordentlichen Besteuerung.
Schritt 3 a Alle in der Erfolgsrechnung gebuchten Lizenzeinnahmen von Dritten sowie von Nahestehenden, welche dem Drittvergleich standhalten und auf qualifizierende Patente und vergleichbare Rechte zurückzuführen sind, fallen zu 100 % in die Patentbox. Ebenso fallen alle mit diesen Lizenzeinnahmen zusammenhängenden Kosten wie F&E, Abschreibungen usw. in die Patentbox.
Schritt 3 b Der Systematik der Residualmethode folgend müssen in Schritt 3b die Gewinne aus Routinefunktionen und Markenentgelten heraus gerechnet werden. Routinefunktionen üben z.B. Lohnfertiger, Kommissionäre und andere Low- Risk-Vertreiber sowie Dienstleistungsgesellschaften aus. Unter Markenentgelt wird derjenige Teil des Kaufpreises eines Produkts verstanden, der für die Marke bezahlt wird.
Der verbleibende Betrag entspricht dem Boxenerfolg. Der so ermittelte Boxenerfolg wird mit dem aus dem Nexus-Ansatz resultierenden Faktor multipliziert. Die Entlastung soll sodann auf Stufe Bemessungsgrundlage ansetzen und beträgt 90 %. Damit wird eine Mindestbesteuerung der Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten sichergestellt. Die Kantone können allerdings im kantonalen Steuergesetz eine geringere Entlastung vorsehen.
Rechtsprechung
Bundesgericht über die zuständige Behörde zur Erteilung von Rulings
In zwei Leiturteilen vom 24. August 2015 (Urteil 2 C_807/2014 und 2C_529/2014)hat sich das Bundesgericht eingehend mit der Bindungswirkung von Rulings befasst. Entgegen seinen beiden Urteilen vom 5.Oktober. 2012 und 26. Oktober 2012 und den dortigen Entscheidungsgründen hat das Bundesgericht nunmehr wieder verdeutlicht, das zuständig für die Erteilung von Rulings im Bereich der direkten Bundessteuer ausschliesslich die zuständige kantonale Behörde ist. Die Zustimmung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) ist nicht erforderlich. Ein ausschliesslich von der ESTV unterzeichnetes Ruling betreffend die direkte Bundessteuer ist für den Kanton grundsätzlich nicht bindend.
Das Steuerruling beinhaltet die vorgängige Auskunft, Bestätigung oder Zusicherung der Steuerverwaltung hinsichtlich der Besteuerung eines konkreten und vom Steuer-pflichtigen dargelegten Sachverhalts im Rahmen des nachfolgenden Veranlagungsverfahrens, vorausgesetzt, dass dieser Sachverhalt anschliessend wie dargelegt umgesetzt wird. Somit bezweckt das Steuerruling primär die Schaffung von Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen in Bezug auf die geplante Umsetzung eines konkreten Sachverhalts im Einzelfall. Zudem führt das Steuerruling aus Sicht der Steuerverwaltung gleichzeitig auch zu einer Vereinfachung für das nachfolgende Veranlagungsverfahren, indem der massgebende Sachverhalt vorgängig offengelegt und bereits auf seine steuerlichen Rechtsfolgen hin gewürdigt wird. Das Steuerruling stellt einen Realakt ohne Verfügungscharakter dar.
Da sich die Auskunft auf eine zukünftige Veranlagung bezieht, ist klar, dass die Zuständigkeit bei der Veranlagungsbehörde liegen muss, für die direkte Bundessteuer somit bei der kantonalen Steuerverwaltung. Die ESTV ist nicht selber Veranlagungsbehörde für die direkte Bundessteuer. Ihr obliegt lediglich die unmittelbare Aufsicht über die Veranlagungsbehörden. Die ESTV hat somit keine Befugnis zur verbindlichen Feststellung bezüglich der steuerlichen Behandlung geplanter Sachverhalte im Sinne eines Rulings. Somit ist das vom Kanton abgeschlossene Ruling bis zu einem allfälligen Widerruf für die ESTV verbindlich und eine taugliche Vertrauensgrundlage für die Steuerpflichtigen. Es ist zu begrüssen, dass das Bundesgericht unmissverständlich klargestellt hat, dass die Kompetenz zur Erteilung von Rulings im Bereich der direkten Bundessteuer ausschliesslich beim Kanton liegt und dass die Zustimmung der ESTV nicht erforderlich ist.
Die genannten Rechtsakte, Erlasse der Steuerbehörden sowie Urteile stellt Ihnen Rechtsanwalt Rolf Lüpke gerne zu. Er steht Ihnen auch für Rückfragen und weiteren Informationen zur Verfügung.
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