Noch im Juni muss die Schweiz der EU vorschlagen, wie sie die seit Jahren kritisierten kantonalen Steuerprivilegien für Spezialgesellschaften (Holding, Verwaltungsgesellschaften, gemischte Gesellschaften) aufheben will. Hierzu hat eine vom Eidgenössischen Finanzdepartment eingesetzte Projektgruppe am 7. Mai dieses Jahres einen Zwischenbericht mit Massnahmen zur Stärkung der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit („Unternehmenssteuerreform III“) vorgelegt. In Deutschland hat das deutsche Bundesfinanzministerium Ende April ein sog. Musterabkommen als „Verhandlungsgrundlage“ für Doppelbesteuerungsabkommen veröffentlicht. Der Gesetzgeber hat im Juni das Amtshilfe-Umsetzungsgesetz mit zusätzlichen Regelungen im Unternehmenssteuerrecht verabschiedet. Am 12. Juni hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Ausdehnung des automatischen Informationsaustausches veröffentlicht. Nachfolgend sollen die Themenbereiche kurz vorgestellt werden.
Schweiz – Unternehmenssteuerreform III
Die Besteuerung der Unternehmen in der Schweiz wird international seit längerem von verschiedener Seite kritisiert. Um bei der Lösungsfindung möglichst eng mit den Kantonen zusammenarbeiten zu können, hat das Eidgenössische Finanzdepartment (EFD) eine paritätische Projektorganisation von Bund und Kantonen zur Unternehmenssteuerreform III (USR III) eingesetzt. Der am 7. 5.2013 veröffentlichte Zwischenbericht reflektiert die bisherigen Erkenntnisse und Empfehlungen.
Im Zentrum der Kritik des Auslands stehen die kantonalen Steuerstatus für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften, insbesondere weil sie ausländische Erträge teilweise privilegiert besteuern (sogenanntes „ring fencing“). Weniger bekannt war bisher, dass die Schweiz laut Medienberichten auch zwei weitere von der EU kritisierte Steuerregime bereit ist, zu korrigieren: jene für sog. „Principalgesellschaften“ und für sog. „Swiss finance-branch-Strukturen“. In beiden Fällen geht es um die Besteuerung auf Bundesebene und um die Aufteilung von Gewinnen zwischen dem Sitz und Betriebsstätten des Unternehmens, wobei Ersterer in der Schweiz und Letztere im Ausland sind („Principalgesellschaften“) oder umgekehrt („Swiss finance-branch“).
Das Steuerungsorgan Unternehmenssteuerreform III empfiehlt eine steuerpolitische Stossrichtung, die einen Mix aus drei Elementen beinhaltet:
- Zwecks Erhaltung der Standortattraktivität sollen zum einen neue Sonderregelungen eingeführt werden, die eine höhere internationale Akzeptanz aufweisen als die heutigen Regelungen.
- Zum anderen sollen die Kantone ihre Gewinnsteuersätze senken, soweit sie dies für erforderlich halten.
- Schliesslich sollen weitere steuerliche Massnahmen zur Erhöhung der Standortattraktivität ergriffen werden, wie der Abbau bestimmter Steuerlasten.
Neue Sonderregelungen sollen allerdings nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sie kumulativ den folgenden Kriterien genügen:
- Sie enthalten keine Elemente eines ring-fencing.
- Sie zielen nicht auf eine internationale Nichtbesteuerung ab. Grund hierfür ist, dass die OECD das Thema Internationale Nichtbesteuerung im Rahmen des Projekts BEPS (base erosion and profit shifting) behandeln wird. Zudem sieht auch der Aktionsplan der EU zur Bekämpfung des Steuerbetrugs und der Steuerhinterziehung vom 6. Dezember 2012 Empfehlungen zur Verhinderung einer Internationalen Nichtbesteuerung vor.
- Sie sind steuersystematisch begründbar oder werden nachweislich in mindestens einem EU-Mitgliedstaat angewendet.
Die Anwendung dieser Kriterien bietet grösstmögliche Gewähr, dass neue Sonderregelungen die erforderliche internationale Akzeptanz aufweisen. Angesichts des dynamischen internationalen Umfelds wird es indes unvermeidlich sein, dass die Umsetzung der Strategie regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Gestützt auf die genannten Kriterien stehen aus heutiger Sicht die folgenden Massnahmen im Vordergrund:
- Lizenzboxen, wie sie in verschiedenen EU-Staaten verbreitet sind,
- eine zinsbereinigte Gewinnsteuer.
Zwecks allgemeiner Erhöhung der Standortattraktivität soll im Weiteren ein Abbau von Steuerlasten geprüft werden. Dabei stehen insbesondere eine
- Anpassung des Beteiligungsabzugs,
- die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital,
- eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Konzernfinanzierung,
- sowie die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung zur Diskussion.
Bund und Kantone werden die Mehrbelastungen infolge der USR III kompensieren müssen, damit sie kein Ungleichgewicht in den Finanzhaushalten bewirken. Die Projektgruppe wird die steuer- und finanzpolitischen Massnahmen weiter konkretisieren. Dabei werden das Ergebnis der Konsultation von Kantonen und Wirtschaft sowie die relevanten internationalen Entwicklungen berücksichtigt. Das Steuerungsorgan wird seinen Schlussbericht voraussichtlich im Herbst 2013 verabschieden. Gestützt auf diese Ergebnisse soll der Bundesrat sodann das EFD beauftragen, Ende 2013 oder anfangs 2014 ein Vernehmlassungsverfahren zu eröffnen. Der Schweizer Staatssekretär für internationale Finanzfragen, Michael Ambühl hat Ende Mai einer Arbeitsgruppe von Steuerexperten der EU den Schweizer Ansatz in Brüssel präsentiert, welche ihren Bericht in dieser Sache an der nächsten Sitzung der EU-Finanzminister (Ecofin) am 21.6.2013 vorstellen wird.
Deutschland
Neue Verhandlungsgrundlage für deutsche DBA
Das Bundesfinanzministerium hat in Abstimmung mit den Finanzministerien der Bundesländer ein „Verhandlungsgrundlage“ genanntes Musterabkommen für deutsche Doppelbesteuerungsabkommen am 18.4.2013 veröffentlicht.
Es soll sich dabei um eine „Verhandlungsgrundlage“ handeln, die flexibel gehandhabt werden soll. Sie besteht aus einem an Aufbau und Inhalt des OECD-Musterabkommen angelehnten Abkommenstext sowie einem ergänzenden Protokoll. Verfolgtes Ziel ist es, sowohl Doppelbesteuerung als auch doppelte Nichtbesteuerung, also sog. „weiße Einkünfte“, zu bekämpfen. Dafür verfolgt man Kontinuität in der Methode der Freistellung, aber Wandel in den flankierenden Klauseln gegen eine unangemessene Ausnutzung dieser Freistellung. Hierbei erstreckt sich der Auskunftsverkehr zwischen den Staaten von der früheren „kleinen“ über die „große Auskunftsklausel“ bis heute auf alle Informationen, die im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sein werden. Eine Klausel der Hilfe bei der Vollstreckung schliesst sich an. Auch an internationalen Initiativen gegen Nichtbesteuerung und Steuerverkürzung wie jetzt BEPS will sich Deutschland massgeblich beteiligen. Nachfolgend sollen einige Regelungen kurz vorgestellt werden:
Betriebsstättenbegriff
Deutschland übernimmt den „Authorized OECD-Approach“. Dem OECD-Muster folgend ist bei Montagen die Frist zwölf Monate, bei Entwicklungsländern auch sechs Monate. Gegen die „Anstreicher-Betriebsstätte“ und ab 2014 auch die „Subunternehmer-Betriebsstätte“ wird Deutschland bei seiner bisherigen Haltung bleiben und nicht der geänderten OECD-Kommentierung folgen. Nach entsprechender Konsultation und Notifizierung auf diplomatischem Weg wird bei Qualifikationskonflikten oder wegen Greifens einer Subject-to-Tax-Klausel von der Freistellung auf die Anrechnung umgestellt.
Quellensteuern
Die Quellensteuern in der Verhandlungsgrundlage gleichen denen des OECD-Musters, doch soll eine Schachtelbeteiligung bereits ab 10% gegeben sein, was der Mutter-Tochter-Richtlinie entspricht, während die OECD von einer Beteiligung von mindestens 25% ausgeht. Zinsen werden nach Art. 11 mit 0% Quellensteuer belegt. Übersteigende Zinsen werden als verdeckte Gewinnausschüttung nach Art. 10 behandelt, was man nicht in die Verhandlungsgrundlage hineingeschrieben hat, da es international nicht üblich ist.
Alterseinkünfte
Die Verhandlungsgrundlage nimmt Bezug auf die seit 2005 in Deutschland geltende „nachgelagerte Besteuerung“, bestehend aus Basisversorgung (gesetzliche Altersvorsorge und Ersatzsysteme), Riester- und Betriebsrenten. Dabei wird aus unbesteuertem Einkommen eingezahlt, aber die Auszahlung voll besteuert. Die bisherigen DBA passen nicht zur neuen Besteuerungslage
und auch das OECD-Muster enthält keine Quellenregel oder Förderklausel.
APA – Verständigung – Schiedsverfahren
Meist finden die drei Institute im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen Anwendung, doch können sie in jedem erdenklichen Zusammenhang vorkommen. Begehrt der Steuerpflichtige (binnen dreier Jahre) ein Verständigungsverfahren, müssten Rechtsmittel solange ruhen. Aber am Ende kann er das Ergebnis der Verständigung verwerfen und weiter den Rechtsweg beschreiten.
Amts- und Vollstreckungshilfe
In Art. 25 Abs. 1 der . Verhandlungsgrundlage wird der Austausch von Daten vorgeschlagen, die „voraussichtlich erheblich“ sind für die Besteuerung, und hinsichtlich der Steuerpflichtigen deren eindeutige Identifizierbarkeit, nicht notwendigerweise deren Namensangabe, womit Gruppenanfragen von Fischzügen abgegrenzt werden sollen. Im Prinzip sollen der Besteuerungsanspruch vor den Gerichten des ersuchenden Staats, und Vollstreckungsmassnahmen im vollstreckenden Staat gerichtlich angegriffen werden. Die Verjährung richtet sich nach dem Recht des ersuchenden Landes.
Amtshilfe Umsetzungsgesetz
Am 5.6.2013 fand der Vermittlungsausschuss aus Bundestag und Bundesrat endlich einen Kompromiss zu dem sich bereits seit einem Jahr hinziehenden Gezerre um das Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013). Mit der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Amtshilferichtlinie- Umsetzungsgesetz werden letztlich alle Themen – teilweise aber mit inhaltlichen Modifizierungen – wieder aufgegriffen, über die der Bundestag und der Bundesrat bereits im Dezember 2012 im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum ursprünglichen JStG 2013 weitgehend Einigkeit erzielen konnten. Bereits am 6.6.2013 passierte das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz in der Fassung des Vermittlungsergebnisses den Bundestag und erhielt am 7.6.2013 die Zustimmung des Bundesrats. Somit kann es nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt nun endgültig in Kraft treten.
Das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz beinhaltet neben dem Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union u.a. folgende Massnahmen:
- Ausdehnung der korrespondierenden Dividendenbesteuerung auf hybride Finanzierungen:Zur Vermeidung unversteuerter sog. „weisser“ Einkünfte bei hybriden Finanzierungen, die in einem Staat als Fremdkapital und im anderen Staat als Eigenkapital qualifizieren, ist die Steuerbefreiung gemäss § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bzw. die teilweise Steuerbefreiung gemäss § 3 Nr. 40 Buchst. d Einkommensteuergesetz (EStG) von Dividenden künftig nur dann anzuwenden sein, wenn diese bei der leistenden Körperschaft nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind (§ 8b Abs. 1 Satz 2 KStG, § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG).
- Eingeschränkte Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts (Vermeidung der sog. „Goldfinger“-Gestaltung): Im Ausland erzielte Einkünfte, die laut dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland steuerfrei gestellt sind, werden nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG bei der Ermittlung des persönlichen Steuersatzes berücksichtigt. Durch Steuergestaltungen wurde bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG im Ausland durch den Kauf von im Umlaufvermögen gehaltenen Edelmetallen, Rohstoffen oder Wertpapieren in einem Jahr hohe Verluste generiert, die durch den negativen Progressionsvorbehalt zu einer Steuerersparnis führten. Sofern die bei Verkauf der Güter erzielten Gewinne bei Anwendung des positiven Progressionsvorbehalts ohne Auswirkung bleiben, weil ohnehin der Spitzensteuersatz anzuwenden ist, kommt es zu einem definitiven Steuervorteil. Zur Vermeidung dieser sog. „Goldfinger“-Gestaltung wird die Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts eingeschränkt. Demnach sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt des Verkaufs oder der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG).
- Prozesskosten keine aussergewöhnliche Belastungen: Entgegen dem Urteil des BFH vom 12.5.2011 (BStBl. II 2011, S. 1015), wonach Zivilprozesskosten als aussergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sein können, bleiben Prozesskosten unberücksichtigt, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die für den Steuerpflichtigen die Gefahr bestünde, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
- Einführung einer Lohnsteuer-Nachschau: Neben der Anordnung einer Lohnsteuer-Aussenprüfung ist künftig zur Sicherstellung des ordnungsgemässen Einbehalts und der Abführung der Lohnsteuer auch eine ohne vorherige Ankündigung erfolgende Lohnsteuer-Nachschau möglich. Geben die dort getroffenen Feststellungen Anlass dazu, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Lohnsteuer-Aussenprüfung übergegangen werden (§ 42g EStG).
- Steueranrechnungsberechtigung bei hybriden Gesellschaften: Wird der Gläubiger von Kapitalerträgen bzw. Vergütungen, der in einem anderen Staat ansässig ist, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht, auf Grund seiner hybriden Gesellschaftsform im Quellenstaat und Ansässigkeitsstaat rechtlich unterschiedlich beurteilt, steht der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs künftig nur der Person zu, der die Erträge im Ansässigkeitsstaat zugerechnet werden (§ 50d Abs. 1 Satz 11 EStG).
- Verhinderung unversteuerter Einkünfte bei grenzüberschreitenden Betätigungen: Um zu verhindern, dass Einkünfte bei grenzüberschreitenden Betätigungen sowohl im Quellenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat unversteuert bleiben, sieht § 50d Abs. 9 EStG bislang vor, dass diese Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen trotz Steuerfreistellung laut dem einschlägigen DBA dennoch in Deutschland besteuert werden. Um diese Wirkung im Ergebnis nicht einzuschränken, wird gesetzlich klargestellt, dass die in § 50d Abs. 8 und Abs. 9 EStG enthaltenen Regelungen nebeneinander anzuwenden sind (§ 50d Abs. 9 Satz 3 EStG).
- Anpassungen des Aussensteuergesetzes (AStG) an OECD-Standards zum Fremdvergleichsgrundsatz: Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehung unter nicht fremdüblichen Verhältnissen mit einer nahestehenden Person gemindert, erfolgt eine Korrektur der Einkünfte gemäss § 1 Abs. 1 AStG. Bislang war nicht abschliessend geklärt, ob als Steuerpflichtiger in diesem Sinne auch eine Personengesellschaft qualifiziert, da sie weder einkommensteuerlich noch körperschaftsteuerlich Steuersubjekt ist. Klärend wird nun in § 1 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz AStG geregelt werden, dass auch eine Personengesellschaft oder eine Mitunternehmerschaft als Steuerpflichtiger gilt. Zudem wird die bisherige Definition der Geschäftsbeziehung dahingehend modifiziert, dass nicht mehr eine schuldrechtliche Beziehung vorliegen muss, sondern ein wirtschaftlicher Vorgang mit einer nahestehenden Person genügt (§ 1 Abs. 4 Satz 1 AStG). Diese Änderung ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass in Übereinstimmung mit den OECD- Grundsätzen eine Betriebsstätte als unabhängiges Unternehmen fingiert wird (§ 1 Abs. 5 Satz 2 AStG). Damit ist der Fremdvergleichsgrundsatz künftig auch auf die wirtschaftlichen Vorgänge zwischen einem inländischen Stammhaus und einer ausländischen Betriebsstätte anzuwenden (§ 1 Abs. 5 Satz 1 AStG). Diese Neuregelung beruht auf den internationalen Entwicklungen auf der Ebene der OECD, wonach die grenzüberschreitende Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte dem sog. „Authorized OECD-Approach“ folgen und die rechtlich unselbständige Betriebsstätte im Rahmen der Gewinnabgrenzung grundsätzlich wie ein fiktiv eigenständiges und unabhängiges Unternehmen behandelt werden soll.
Europäische Union
Vorschlag der EU-Kommission zum automatischen Informationsaustausch
Die EU-Kommission hat am 12.6.2013 vorgeschlagen, zur verstärkten Bekämpfung von Steuerhinterziehung den automatischen Informationsaustausch (AIA) zwischen den Steuerverwaltungen in der EU zu erweitern. Konkret hat sie einen Vorschlag für eine Richtlinie vorgelegt, die den AIA zwischen den EU-Staaten per 1. Januar 2015 auf folgende fünf Kategorien ausdehnen würde:
- Dividenden,
- Veräusserungsgewinne (z. B. aus dem Verkauf von Wertpapieren),
- alle sonstigen Einkünfte aus Vermögenswerten auf einem Finanzkonto,
- jeder Betrag, für den ein Finanzinstitut Verpflichteter oder Schuldner ist, einschliesslich etwaiger Tilgungszahlungen (darunter können zum Beispiel bestimmte Zahlungen von Versicherungen fallen),
- Kontoguthaben (Saldo).
Erfasst vom AIA würden laut dem Vorschlag alle Posten, die ein Finanzinstitut (Bank, Versicherungsgesellschaft usw.) einer natürlichen Person, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, «unmittelbar oder mittelbar auszahlt oder für ihn unmittelbar oder mittelbar sichert oder hält». Zu übermitteln wären Informationen in Bezug auf Besteuerungszeiträume ab dem 1. Januar 2014.
Der Vorschlag soll die grenzüberschreitende Zinsbesteuerung ergänzen, und er hat dasselbe Ziel: Die erfassten Posten sollen im Staat des Anlegers zu den dortigen Regeln besteuert werden können, und Steuerhinterziehung durch Anlagen im Ausland soll erschwert werden. Bei der Zinsbesteuerung hat die EU den AIA zwischen den Mitgliedstaaten bereits per Mitte 2005 eingeführt, wobei Österreich und Luxemburg im Rahmen einer Übergangsregelung derzeit noch eine Quellensteuer erheben, statt Informationen zu liefern. Bis Ende Jahr soll eine Revision der Zinsbesteuerungs-Richtlinie beschlossen werden, um durch eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs Schlupflöcher zu schliessen. Zudem wird ein Übergang von Luxemburg und Österreich zum AIA erwartet.
Die jetzt vorgeschlagene Ausdehnung des AIA ist ein separater Schritt, der nicht über die Zinsbesteuerungs-Richtlinie, sondern durch die Änderung einer bestehenden Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden erfolgt. Diese sah bereits bisher ab 2015 einen AIA vor für fünf Arten von Einkommen und Vermögen (Vergütungen aus unselbständiger Arbeit, Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen, Lebensversicherungsprodukte, die nicht anderweitig erfasst werden, Ruhegehälter, Eigentum an unbeweglichen Vermögen und Einkünfte daraus). Allerdings besteht die Pflicht zur Lieferung dieser Daten nur, soweit sie «verfügbar» sind. Laut dem Vorschlag vom Mittwoch soll bei einer Überprüfung 2017 die Frage auf den Tisch kommen, ob das «Verfügbarkeitskriterium» abgeschafft werden soll und ob der AIA auf weitere Einkünfte und Vermögen einschliesslich Lizenzgebühren auszudehnen sei. Bei den nun geplanten fünf neuen Kategorien wäre die Datenlieferung von Anfang an obligatorisch.
Der Kommissionsvorschlag muss von den EU-Staaten einstimmig verabschiedet werden, damit er in Kraft treten kann. Gleichwohl ist die Einstimmigkeit keine unbedeutende Hürde, zumal Österreich und Luxemburg bereits im Bereich Zinsbesteuerung auf ein Mitziehen von Drittstaaten, zu denen auch die Schweiz zählt, beim Übergang zum AIA pochen. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass EU-Steuerkommissar Semeta auch beim neuen Vorstoss Drittstaaten wie die Schweiz mit einbeziehen will.
Die hier erwähnten Unterlagen stellt Ihnen Rechtsanwalt Rolf Lüpke gerne zu und steht ebenfalls für Rückfragen zur Verfügung.